Zehn
Gründe, sich öfters vegetarisch
zu ernähren
Text: Bonnie Liebman (Original in Englisch)
|
|
Die Beweise mehren sich, dass die gesündeste
Ernährung reich ist an pflanzlicher Kost (Gemüse, Obst und Bohnen),
und arm an tierischer (Fleisch, Fisch, Geflügel und Milchprodukte),
insbesondere an solcher mit hohem Fettgehalt.
„Eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse spielt
bei der Verminderung des Risikos für die häufigsten Krankheits-
und Todesursachen eine Rolle“, meint Walter Willett, Leiter des
Instituts für Ernährungswissenschaften an der „Harvard School
of Public Health“.
Für viele Menschen ist „Vegetarier“ ein vorbelastetes
Wort. Üblicherweise bezieht sich der Begriff auf Menschen, die
aus ethischen, religiösen oder gesundheitlichen Gründen nie Fleisch,
Fisch oder Geflügel essen. Veganer meiden zusätzlich auch Eier
und Milchprodukte. Die Wissenschaft interessiert allerdings mehr,
wie häufig – nicht ob – Menschen tierische Nahrung zu sich nehmen.
Viele Forschungsarbeiten kommen zum gleichen Schluss: Die Menschen
sollten weniger tierische und dafür mehr pflanzliche Nahrung,
insbesondere Obst und Gemüse auf den Speiseplan setzen. Warum?
Hier zehn Gründe – einige haben mit der Gesundheit zu tun, andere
nicht.
|
1. Krebs
|
|
„Auf
breiter wissenschaftlicher Basis wird Obst und
Gemüse eine Schutzfunktion bei allen Krebsarten
des Magen-Darmtrakts und allen durch Rauchen
verursachten Krebserkrankungen zugeschrieben“,
erklärt Tim Byers, Professor für vorbeugende
Medizin an der Universität Colorado im Gesundheitswissenschaftlichen
Zentrum von Denver. Dies bezieht auch Lungen-,
Dickdarm-, Magen-, Mund-, Kehlkopf-, Speiseröhren-
und Blasenkarzinome mit ein. Eine kürzlich durchgeführte
Studie kam zu dem Ergebnis, dass Lycopen – ein
Carotinoid, das in Tomaten und in Tomatensauce
vorkommt – möglicherweise vor Prostatakrebs
schützt.
Ungeklärt ist, wie Obst und Gemüse das Krebsrisiko
mindern können. Möglicherweise liegt es an Pflanzenwirkstoffen
wie Carotinoiden, den Vitaminen C und E, Selen,
Indolen, Flavonoiden, Phenolen und Limonenen.
Es gibt auch Hinweise, dass Getreideprodukte
mit hohem Faserstoffanteil, wie etwa Weizenkleie,
das Krebsrisiko mindern können. „Ballaststoffe
sind vorteilhaft zur Vorbeugung von Dickdarmkrebs“,
sagt David Jenkins, ein Spezialist für Faserstoffe
von der Universität Toronto. Teigwaren, Reis
und andere Getreide können die tierische Kost
ersetzen – insbesondere rotes Fleisch, das im
Verdacht steht, einige Krebsarten zu begünstigen.
„Männer, die mindestes
fünf Mal in der Woche rotes Fleisch als Hauptmahlzeit
essen, tragen ein viermal höheres Risiko, an
Dickdarmkrebs zu erkranken als Männer, die rote
Fleischsorten weniger als einmal im Monat essen“,
meint Edward Giovannucci von der Medizinischen
Fakultät Harvards.
Gemäß seiner Studie an 50.000 männlichen Personen
aus dem Gesundheitswesen unterliegen Männer,
die sehr viel rotes Fleisch essen, einem doppelt
so hohen Prostatakrebsrisiko. „Dies ist nur
eine von vielen Studien. Schaut man sich andere
an“, so Lawrence Kushi von der Universität Minnesota,
„dann gibt es übereinstimmende
Anhaltspunkte dafür, dass rotes Fleisch mit
einem erhöhten Risiko für Dickdarm- und möglicherweise
Prostatakrebs in Zusammenhang steht.“
Selbst mageres rotes Fleisch scheint das Dickdarmkrebsrisiko
zu erhöhen. „Es könnte an den krebserregenden
Stoffen liegen, die beim Kochen entstehen, am
leicht verfügbaren Eisen oder an einem anderen
Bestandteil des Fleisches“, spekuliert Willett.
|
|
|
|
|
|
Eine
Ernährung auf pflanzlicher Basis mit viel Obst
und Gemüse kann das Risiko von Herzkrankheiten
mindern. In den letzten 20 Jahren haben Herzspezialisten
die Wichtigkeit einer Senkung der Zufuhr von
Cholesterin und gesättigten Fettsäuren betont,
doch kann pflanzliche Nahrung das Herz auch
auf andere Weise schützen. Zum Beispiel durch:
* Lösliche Faserstoffe: „Zur
Senkung des Risikos von Herzerkrankungen wäre
es eine gute Idee, mehr Bohnen, Erbsen, Hafer
und Gerste zu essen“, meint Jenkins,
weil deren „klebrige“ lösliche Fasern anscheinend
dabei helfen, das Cholesterin im Blut zu senken.
* Folsäure: „Die
Anzeichen, dass Folsäure das Risiko von Herzerkrankungen
vermindert, haben sich verdichtet“, sagt
Willett. Folsäure, ein B-Vitamin, senkt im Blut
den Gehalt einer schädlichen Aminosäure, des
so genannten Homocysteins. Und er fügt hinzu:
„Obst und Gemüse sind eine Hauptquelle für Folsäure.“
* Antioxidantien: Die Hinweise
mehren sich, dass LDL („schlechtes“ Cholesterin),
die Arterien nur dann schädigt, wenn es eine
Verbindung mit Sauerstoff eingegangen (also
oxidiert) ist. Deshalb gehen Forscher davon
aus, dass Antioxidantien wie Vitamin E das Herz
schützen. Und viele der pflanzlichen Wirkstoffe
in Obst und Gemüse sind Antioxidantien.
* Die Verdrängung der gesättigten Fettsäuren:
Wenn wir viel Pflanzenkost essen, dann ist einfach
nicht mehr so viel Platz für gesättigte tierische
Fettsäuren, die die Arterien verstopfen.
|
|
|
|
|
|
„Vieles weist darauf hin,
dass Obst und Gemüse das Schlaganfallrisiko
vermindern“, erklärt Willett. So war zum Beispiel
in einer auf 20 Jahre angelegten Studie bei
832 Männern mittleren Alters das Schlaganfallrisiko
bei täglich dreimaligem Obst- und Gemüseverzehr
um 22 Prozent verringert. Wiederum ist man sich
nicht sicher, ob Kalium, Magnesium, Faserstoffe
oder andere Inhaltsstoffe in Obst und Gemüse
vor der Verstopfung der Hirnarterien bewahren.
|
|
|
|
4.
Divertikulose und Verstopfung
|
|
|
Getreide mit hohem Faserstoffanteil
– speziell Weizenkleie – kann helfen, Verstopfung
vorzubeugen. Dies ist nicht unbedeutend in einem
Land wie den Vereinigten Staaten, wo jährlich
Millionen für Abführmittel ausgegeben werden.
Divertikulose ist ebenfalls weit verbreitet.
Ungefähr 30 bis 40 Prozent der über 50-Jährigen
sind davon betroffen, obwohl die meisten keine
Symptome haben. Bei anderen stellen sich Blutungen,
Verstopfung, Durchfall, Blähungen, Schmerzen
oder Divertikulitis ein (d.h. eine Entzündung
der Ausstülpungen – oder Divertikel – in den
Darmwänden).
„Unsere Studien haben
klar gezeigt, dass Faserstoffe sowohl von Kleie
als auch von Obst und Gemüse eine schützende
Wirkung haben“, erklärt Willett. Das
Risiko von Testpersonen mit der geringsten Zufuhr
von Faserstoffen (13 Gramm pro Tag oder weniger),
an Divertikulose zu erkranken, war etwa doppelt
so hoch wie das jener mit dem größten Faserstoffverzehr
(mindestens 32 Gramm Fasern pro Tag).
|
|
|
|
|
|
Pflanzenreiche Kost
vermag auch anderen Krankheiten vorzubeugen:
* Netzhaut-Degeneration: Ein Carotinoid
– das Lutein, das sich zumeist in grünem Blattgemüse
findet, kann unter Umständen der Degeneration der
Netzhaut vorbeugen, die bei älteren Menschen zur
Erblindung führt. „Die Leute in unserer Studie,
die zwei- bis viermal pro Woche Spinat oder Blattkohl
aßen, trugen im Gegensatz zu jenen, die diese Kost
nur einmal im Monat verzehrten, ein nur vermutlich
halb so großes Risiko, an Makula-Degeneration zu
erkranken“, meint Johanna Seddon von der „Harvard
Medical School“.
* Neuralrohrdefekte: Folsäure als Nahrungsergänzungsmittel
kann das Risiko von Spina Bifida („offener Rücken“)
und anderen angeborenen Defekten des Neuralrohrs
reduzieren. Folsäure in Nahrungsmitteln (besonders
in Obst und Gemüse) kann das Risiko ebenso herabsetzen.
* Diabetes: „Wir haben ein
niedrigeres Diabetesrisiko bei Erwachsenen festgestellt,
die Vollkorngetreide aßen“, erklärt Willett.
|
|
|
|
|
|
Einige der schlimmsten
Krankheiten mit tödlichem Ausgang, die durch Nahrungsmittel
hervorgerufen werden, gelangen über tierische Kost
in den Körper. „Die wahrscheinlichste
Quelle für das Coli-Bakterium E. Coli 0157:H7 ist
Hackfleisch. Durch Geflügel werden Salmonellen und
Campylobacter-Bakterien übertragen, und der Verzehr
von rohem Schellfisch hat zur Ansteckung mit Vibrio
Vulnificus geführt“, meint David Swerdlow
von den Zentren für Krankheitsbekämpfung in Atlanta.
Jedes rohe Nahrungsmittel, auch Obst und Gemüse,
kann schädliche Bakterien übertragen. „Zum
Beispiel wurden kürzlich aufgetretene Salmonellenerkrankungen
mit Honigmelonen, Tomaten und Alfalfasprossen in
Verbindung gebracht“, sagt Swerdlow. Aber
Fleisch, Meeresfrüchte und Geflügel sind die wahrscheinlichsten
„Übeltäter“ bei durch Nahrung verursachten Erkrankungen. |
|
|
|
|
|
„Unsere
Essgewohnheiten haben gewaltige Auswirkungen auf
den Planeten“, meint Jenkins. „Der
Verzehr von Tieren würde die Umwelt nicht schädigen,
wenn er in viel geringerem Umfang geschähe“,
erklärt Alan Durning, Leiter der „North West Environment
Watch“ in Seattle.
„Moderne Fleischproduktion
bedingt intensive Nutzung und oft auch missbräuchliche
Verwendung von Getreide, Wasser, Energie und Weideflächen“,
so Durning. Er führt folgende Beispiele an:
* Wasserverschmutzung: Gülle und
Abwässer von Viehzuchtbetrieben, Hühnerbatterien
und anderen Betrieben mit Massentierhaltung können
die Wasservorräte verschmutzen.
* Luftverschmutzung: 30 Millionen
Tonnen Methan – ein Gas, das zum Treibhauseffekt
beiträgt – stammen aus Güllebecken und Mist.
* Bodenerosion: Fast 40 Prozent der Weltgetreideproduktion
und mehr als 70 Prozent der US-amerikanischen Getreideproduktion
wird an Vieh verfüttert. Für jedes Pfund Fleisch,
Geflügel, Eier und Milch, das wir produzieren, verlieren
die Böden auf den Feldern etwa fünf Pfund ihrer
Humusschicht.
* Übernutzung von Wasserreserven:
Schätzungsweise die Hälfte des Getreides und des
Heus, das an Rinder verfüttert wird, wurde auf bewässertem
Land angebaut. Man braucht ungefähr 1500 Liter Wasser,
um ein Pfund Rindfleisch zu produzieren.
* Energieverbrauch:
Für die Produktion und den Transport von Schlachttieren
wird etwa zehnmal soviel Energie benötigt wie für
Gemüse.
* Überweidung: Ungefähr zehn Prozent
des wasserarmen Westens der USA wurden durch Viehhaltung
in eine Wüste verwandelt. Allerdings waren Teile
dieses Landes auch kaum anders nutzbar. „Darum
plädiere ich auch nicht für Vegetarismus, sondern
dafür, den Verzehr von tierischen Produkten zu verringern“,
betont Durning.
|
|
|
|
|
|
Sicher kann man
7,99 Dollar für ein Pfund „Mesclun“ (gemischte Babysalatblätter)
oder andere Delikatessen ausgeben. Aber vom Kürbis
bis zu Süßkartoffeln ist pflanzliche Nahrung meistens
ein absolutes Schnäppchen. Und der niedrigere Preis
dafür macht sich auch im Restaurant bemerkbar. Auf
den Speisekarten chinesischer, indischer und der
meisten anderen Restaurants sind die vegetarischen
Gerichte meistens billiger als Fleisch, Meeresfrüchte
und Geflügel. |
|
|
|
|
|
Es ist unangenehm
darüber nachzudenken, aber bevor wir die Tiere schlachten,
die wir essen, werden sie oft unter grausamen Bedingungen
aufgezogen und transportiert.
|
|
|
|
10. Der Geschmack
|
|
Das Hauptargument für pflanzenreiche
Kost ist ihr guter Geschmack. Die fünf Gemüsesorten,
die die Amerikaner am liebsten essen, sind Pommes
Frites, Tomaten (meistens als Sauce oder Ketchup),
Zwiebeln, Eisbergsalat und andere Kartoffelzubereitungen.
Wenn aber die meisten Amerikaner den Anteil von
Fleisch, Meeresfrüchten und Geflügel auf ihrem Teller
reduzierten, so würden sie oder viele ihrer Lieblingsrestaurants
nicht wissen, womit sie die Lücke schließen sollten.
Man muss schon in ethnische Restaurants gehen, um
interessante Gerichte auf Gemüsebasis zu bekommen.
Es ist kein Zufall, dass ethnische Restaurants wissen,
wie man wohlschmeckende Gemüsegerichte zubereitet.
„Glücklicherweise gibt es auf der Welt einen reichen
Erfahrungsschatz, denn nahezu alle traditionellen
Ernährungsformen basieren auf pflanzlicher Kost“,
meint Willett.
Allerdings können viele italienische, mexikanische
und andere ethnische Restaurants mittlerweile so
amerikanisiert sein, dass sie ihr Gemüse weitgehend
durch Fleisch und Käse ersetzt haben. Und das ist
wirklich schade. In der asiatischen und mediterranen
Küche ist das Zubereiten von Früchten und Gemüse
eine Kunst. Die Italiener packen zum Beispiel nicht
gewaltige Mengen an Fleisch und Käse auf die Pizza.
Ich bekam neulich in einem traditionellen Restaurant
eine Pizza mit dünner Kruste, ganz ohne Käse – nur
frisches Basilikum, Tomaten und Knoblauch. Sie war
einfach wunderbar.
|
|
|
|
Copyright © 1996 CSPI.
Nachdruck/Adaption vom
„Nutrition Action Healthletter“
|
|